Hermine Schuster – graumelierte Haare, immer schön frisiert, eine silberne moderne Brille, eine hübsche Bluse und vor allem immer ein Lächeln um Mund und Augen – so kennen wir alle unsere Hermine.
Dienstags und Donnerstags verbringt sie ihre Nachmittage immer im Club aktiv, am Tisch links neben der Bar plaudert sie mit Freundinnen. Wunderschöne Handarbeiten, Seifen, eingepackt in filigrane Häckeleien, moderne Socken – auch das kennen wir alle von Hermine.
Wie bei den meisten Österreicherinnen ihrer Generation war ihr Leben allerdings nicht immer so beschaulich.
Sie wurde 1925 in Nußbach bei Kirchdorf als 3. Kind auf einem Bauernhof geboren. Bereits 1927 mussten ihre Eltern allerdings den Bauernhof verlassen und kamen bei einer Tante in Schierbach unter. Diese Tante hatte damals 3 Kühe – eine davon wurde verkauft und von dem Geld ein Eisenbahnwaggon erstanden. In diesem lebten die folgenden 10 Jahre 10 Personen unter einem Dach.
1939 – mit 14 Jahren begann für Hermine das Arbeitsleben. Alle Mädchen des BDM mussten ein Pflichtjahr absolvieren, Hermine arbeitete bei einem Bauern.
1941 bis 1943 arbeitete sie bei einem Ingenieur in Schierbach als Kindermädchen. Jedes Jahr kam ein Kind zur Welt, hunderte Windeln mussten im kalten Bach gewaschen werden, der Tag konnte nicht lange genug dauern, um die viele Arbeit unterzubringen. Nach 2 Jahren war sie mit ihrer Kraft am Ende.
Im Linzerhaus in Spital am Pyhrn kam sie als „Mädchen für Alles“ unter. Allerdings kamen im Mai 1945 die Amerikaner, so dass Hermine wieder auf Arbeitssuche war.
Dass in der VOEST Mädchen gesucht wurden, kam ihr zu Ohren und sie bekam sofort einen Job. Hier lernte sie auch ihren späteren Mann kennen, lieben und es folgte sehr bald das erste Kind.
Am 5.10.1945 bekamen die beiden die Wohnung in der Scheibenpogenstraße 4. Allerdings war das Haus von Bomben beschädigt worden, ein kleines Zimmer und das Bad waren intakt, die anderen Räume mussten die beiden selbst herrichten. Die Reste der Bombe liegen laut Hermine noch immer unter dem große Nussbaum, der den Innenhof dieses Gebäudes beherrscht. Von August bis Oktober haben die beiden an der Sanierung gearbeitet, dann konnten alle Räume bezogen werden. In den ersten Jahren der Not hatten sie direkt hinter und vor dem Haus kleine Gärten um sich und die Familie mit dem Nötigsten zu versorgen. Bis 1950 hatten die beiden auch einen großen Garten auf dem Gelände des ehemaligen Lißfelds, mit Birn- Apfel- und Kirschbaum und ein paar Henderl!
Nachdem Hermine trotz 4 Kindern immer gearbeitet hat, haben sie den Garten dann wieder aufgegeben. Der Verwalter Schöpf der WAG war es, der Hermine nach einiger Zeit der Aushilfstätigkeiten dann überredet hat, sich fix anstellen zu lassen. Das mit den Kindern sei kein Problem meinte er und mit Kindergarten und Hort schaffte Hermine es tatsächlich bereits in den 1950iger Jahren Kinder und Beruf zu vereinen.
Zuerst hat sie bei der WAG als Gärtnerin gearbeitet, ab 1963 in den Hotels der VOEST in Hausleitnerweg und Glimpfingerstraße.
1956 nachdem Hermine bereits 4 Kinder hatte heirateten die beiden. Sie waren ein hübsches Paar, vor allem Hermine hat immer sehr auf ihr Äußeres geachtet. Alle 14 Tage ein Friseurbesuch, ein paar Mal im Jahr eine Dauerwelle, das war der kleine Luxus ihres Lebens. Und ihre Spaziergänge am Wochenende. Mit Vorliebe gingen die beiden am Pöstlingberg – zu Fuß versteht sich, denn es gab nur weinige Straßen, lauter Fußwege und so wurden die Kinder wenigstens so richtig müde. Gerne wanderten sie aber auch über das Keferfeld bis nach Leonding.
Erst 1960 hat sich der Spallerhof geändert, bis dahin gab es viele Bauern – statt der Kirche ST. Peter stand dort ein großer Hof, die Muldenstraße gab es noch nicht, ebenso wenig wie die Bauten rund um das Lißfeld. Und Autos gab es schon gar nicht. Erst ca. 1965 erwarb Hermines Mann ein Moped und war so ein bisschen mobiler.
Allerdings gab es damals auch noch alles am Spallerhof – das nächste Lebensmittelgeschäft war gleich in der Scheibenpogenstraße, direkt neben dem Schuster. In der Glimpfingerstraße war dann der Konsum (SPÖ Lokal und Bäckerei) und die Fleischerei Hauser (Culb aktiv), daneben eine Traffik und eine Drogerie (wo sie auch heute noch bestehen).
In der Geschäftszeile der Glimpfingerstraße gegenüber dem heutigen Billa waren eine Konditorei, die Mutterberatung, eine Gemüsehandlung, eine Putzerei und an der Ecke ein Friseur untergebracht.
Die Lebensqualität war und ist in unserem Stadtteil sehr gut, viele dieser Nahversorger gibt es heute noch.
So sagt Hermine: „Ich bin zufrieden mit meine Leben“ und wenn man in ihre fröhlichen Augen blickt –weiß man, sie sagt die Wahrheit. Nur der Rollstuhl im unbenutzten Kinderzimmer (schön zugedeckt, denn in den setzt sie sich nicht mehr) und ihr Gehwagerl erinnern daran, dass es auch in ihrem Leben Schattenseiten gab.
Wir wünschen Hermine noch viele gute Jahre, und wenn ihr sie mit Gehwagerl durch den Spallerhof sausen seht, nehmt euch Zeit diese liebenswerte Frau, die immer ihrer Zeit voraus war, zu grüßen und ein paar Worte mit ihr zu wechseln!
Wenn auch Sie Ihre Geschichte, Ihre Sicht unseres Stadtteils auf unserer Homepage finden möchte – wir freuen uns über jeden Artikel. Gerne kommen wir auch zu Ihnen ins Haus um Ihre Erinnerungen aufzuzeichnen.
Auch wenn sie noch nicht lange am Spallerhof wohnen, vielleicht auch noch jung sind, nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben – egal, gerade dann ist es für uns interessant, wie sie zum Spallerhof stehen! Kontaktieren Sie uns – Regina Traunmüller 0699 81 78 59 72 oder traunmueller(at)liwest.at (Vorsitzende SPÖ Spallerhof)